Stimmen zum Stück


Als erstes mein Kompliment: Das Stück hat mich prima unterhalten, ich bin mit einem vergnügten Grinsen nach Haus gefahren, diverse Melodiewürmer in den Ohren! Ich finde, ihr habt neben allem Sinn für Slapstick einen ganz eigenen trockenen Witz, und die Idee, dass Columbus Amerika auf dem Landweg erreicht, ist so schön absurd, dass sie - mit all den liebevollen Details, mit denen sie ausgeführt ist - auch die ganze Länge des Abends trägt! (Groß: der Gag mit der Wächterin an der Adamsbrücke sowie Columbus' V-Zeichen). Und zum Schluss hat mich die Figur des Columbus sogar ein bisschen gerührt!

Beeindruckt hat mich auch, wie ihr das ganze Riesenensemble im Griff gehabt habt (ich kenne die Herausforderungen von meinen eigenen Opernprojekten); natürlich knirschte es mal mit der Intonation im Orchester und sicher hatten die Darsteller nicht alle die gleiche Bühnenpräsenz wie zum Beispiel der herrliche Professor Vargaux oder die Stimme eurer Isabella von Kastilien, aber die Linie riss nie ab und die musikalisch-szenische Grundidee war immer deutlich zu erkennen. Kurz: der Abend war rund!

Gut haben mir auch die Kompositionen gefallen; vor allem sind die Melodien immer sehr griffig, ohne platt zu werden und sie motivierten die Mitwirkenden spürbar. (Anregung, keine Kritik: könnte man hier und da noch etwas schärferes (vielleicht gar ostindisches) harmonisches Gewürz (von wegen Couleur locale) einstreuen?) Bei schnellem Parlando war allerdings der Text leider nicht immer ganz genau zu verstehen, deswegen war es gut, die Worte von ein paar Songs im Programmheft abzudrucken.

Auch habe ich mir manchmal gedacht, dass ein paar von euren witzigen historischen Anspielungen für die weniger Belesenen im Publikum noch etwas deutlicher hätten vorbereitet sein können, um zu zünden. Da Ihr ja nicht um gute Einfälle verlgen seid, hätte man durchaus die eine oder andere launige Arabeske oder nicht hundertprozentig zündende Zeile kürzen können und dafür andere Einfälle deutlicher vorbereiten können; (So etwa die Anspielungen auf Toscanelli und Mandeville: Wer mit den Namen nichts verbindet, merkt sie sich bei der Fülle von Anspielungen erst bei der dritten plakativen Erwähnung; ein länger ausgeführtes (Streit-?)Gespräch über den Inhalt ihrer Bücher hätte auch einiges komisches Potenzial). Bei den Universalien des Triester Markts bin ich selber nicht mehr ganz mitgekommen, worüber mich aber die Schmissigkeit des Ensembles hinwegtröstete. Auch an der Art und Weise, wie die Vornamen der Vespuccis eingeführt werden, könnte man vielleicht noch etwas feilen, ohne dass ich genau sagen könnte, wie; doch bei richtigem Timing, glaub ich, müsste der Name "Antarctico" so einschlagen können wie Columbus' "Püree"...


(Auszüge aus einer e-mail von Carsten Niemann, Musikjournalist u.a. für den Tagesspiegel)




Zur Startseite